Honig aus Paris

Das Naturprodukt Honig wird gemeinhin mit friedlicher Landidylle assoziiert. Seit dort allerdings Pflanzenschutzmittel und Insektengifte regieren, fühlen sich Bienen in urbaner Umgebung wohler. Davon profitieren jetzt Pariser Imker: Über den Dächern der französischen Millionenstadt fließt neuerdings Honig.

Auf dem Gehsteig vor dem Grand Palais in Paris scheint es kaum vorstellbar, dass vierzig Meter weiter oben auf dem Dach ein Imker seine Bienen hält. Ein Auto nach dem anderen braust an dem monumentalen Bau mitten in der Millionenstadt vorbei, die achtspurigen Champs-Elysées sind nur wenige Gehminuten entfernt. Und doch hat Nicolas Géant auf dem Grand Palais zwei Bienenvölker angesiedelt, die sich in den Pariser Gärten und Parks mit Nektar versorgen.

Die erste Ernte sei „vielversprechend“, sagt Géant. Rund fünfzig Kilogramm Honig sammelten seine Bienen über den Sommer – deutlich mehr als normale europäische Honigbienen auf dem Land.„Natürlich ist Paris eine verschmutzte Stadt“, sagt der 41-jährige Imker auf dem Dach des Prachtbaus, der mit seiner riesigen gläsernen Kuppel von weitem ins Auge sticht. „Aber hier gibt es weder Pflanzenschutzmittel noch Pilzmittel noch Insektengifte, wie oft auf dem Land.“

Dort, in der Natur, werde mittlerweile ein Drittel bis zur Hälfte eines Bienenvolkes von landwirtschaftlichen Giften dahingerafft. „Das ist dramatisch“, sagt der Vorsitzende des französischen Imkerverbandes, Henri Clement. Wenn ein Sonnenblumenfeld mit einem Insektizid behandelt werde, schädige dies auch das Nervensystem der Bienen. „Sie kehren nicht zum Stock zurück. Sie verirren sich.“ Die Abgase der Großstadt machen den Tieren offenbar weniger aus.

Außerdem haben sie mehr Auswahl an Pflanzen als ihre Verwandten vom Land, wie Géant sagt. Im Sommer hätten in Paris „an jeder Ecke“ Akazien, Rosskastanien, Edelkastanien und Linden geblüht. Selbst Lavendel gebe es, plus „eine Unzahl von Blumen auf den Balkonen und in den Parks“. „Leider muss man feststellen, dass die Bienen in Paris oder in geschützten Gebieten im Mittelgebirge besser leben als in Gebieten mit Intensivkultur“ auf dem Land, sagt der Franzose. Dort gebe es praktisch „keine Hecken, keine Bäume, keine Blumen“ mehr. Dazu kommt, dass es in der Stadt immer ein paar Grad wärmer ist als auf dem Land, so dass seine knapp hunderttausend Bienen länger „arbeiten“.

Bienenstöcke in der Stadt geben mittlerweile „vier- bis fünfmal soviel Honig“ her wie in Pflanzenkulturen, sagt Géant, der nur einer von dutzenden Pariser Imkern ist. Rund dreihundert Bienenkörbe gibt es offiziell in der Millionenstadt, unter anderem auch auf dem Dach der alten Opéra Garnier. Die erste Ernte auf dem staatlich verwalteten Grand Palais sei so ermutigend gewesen, dass das Haus im Frühjahr drei weitere Bienenstöcke anschaffen wolle. Als „Grand Palais-Honig“ soll das Erzeugnis dann auch vermarktet werden, für rund acht Euro pro Glas.

Quelle: Weltonline, 8.September 2009
http://www.welt.de/lifestyle/article4486280/Franzoesische-Honigbienen-li...

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